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Wollen kein Buchmuseum sein

Seit Monaten liegen Verlage und Bibliotheken im Clinch wegen der Ausleihe von E-Books (mehr dazu im Dossier zur Onleihe). Frank Simon-Ritz (Foto: Uni Weimar), der neue Vorsitzende des Deutschen Bibliotheksverbands, zeigt sich dennoch zuversichtlich, mit Hilfe des Börsenvereins eine Lösung zu finden.
Ritz ist seit 1999 Direktor der Universitätsbibliothek der Bauhaus-Universität Weimar. Von 2003 bis 2009 war er Vorsitzender des Thüringer Landesverbandes, 2010 wurde er mit 47 Jahren jüngstes Vorstandsmitglied des Deutschen Bibliotheksverbandes. Im März 2013 wurde Ritz zum neuen Vorsitzenden des Deutschen Bibliotheksverbands gewählt (hier mehr).
Die E-Book-Ausleihe stellt die Beziehung zwischen Bibliotheken und Verlagen auf die Probe. Suchen Sie das Gespräch mit den Verlagen?
Dieses Thema wird in der Tat immer drängender und hat im Vorstand deshalb Priorität. Vielleicht war es naiv von uns, das E-Book mit dem gedruckten Buch gleichzusetzen und es nur als ein anderes Format anzusehen. Das ist rechtlich nicht so. Anders als ge­druckte Bücher können E-Books  im Augenblick nicht ohne Weiteres von den Bibliotheken lizenziert und entsprechend verliehen werden. Wir werden uns weiterhin mit aller Kraft dafür einsetzen, dass E-Books zu fairen Lizenzbedingungen genauso wie das gedruckte Buch in Bibliotheken verfügbar sein müssen.
Wie geht es weiter?
Wir befinden uns in einer schwierigen Situation. Aber es ist ganz klar, dass E-Books Teil des Ausleihpakets sein müssen, sollen öffentliche Bibliotheken nicht irgendwann auf den Status eines Buchmuseums reduziert werden. Die Verlage, mit denen es bislang eine Verständigung zur Teilnahme an der Onleihe gegeben hat, scheinen ganz zufrieden mit der Regelung, sonst würden sie das nicht machen. Wir werden weiterhin den Dialog suchen und ich bin sicher, dass Börsenverein und DBV eine gemeinsame Lesart finden werden. Schließlich liegen keine wirklich unüberbrückbaren Welten zwischen uns.
Haben Sie Verständnis für die Bedenken der Verlage?
Ich habe wenig Verständnis für eine restriktive Position, die die Lizenzierung von E-Books für öffentliche Bibliotheken einschränken will. Dass es bestimmte Rahmenbedingungen geben muss, um dem von den Verlagen befürchteten Kannibalisierungseffekt vorzubeugen, ist unstrittig. Dafür werden sich nach meiner Einschätzung lizenzrechtliche Lösungen finden lassen.
Ist damit der Ruf nach dem Gesetzgeber in dieser Sache vorerst zu den Akten gelegt?
Wenn die Vertreter der Verlage  zustimmen, dass jede öffentliche Bibliothek jedes in Deutschland erschienene E-Book lizenzieren können muss, dann wird es vermutlich keine präzisierende rechtliche Regelung brauchen. Dieser Grundsatz muss aber von allen Beteiligten akzeptiert werden.
Sie haben die Digitalisierung zur Chefsache erklärt. Was treibt Sie besonders um?
Das größte Projekt aus meiner Sicht ist die Deutsche Digitale Bibliothek, deren Betaversion Ende November in Berlin gestartet wurde. Ich verfolge seit vielen Jahren, was sich international in diesem Bereich tut und Deutschland muss sich damit absolut nicht verstecken. Es ist ein beeindruckendes Portal, das auf einem guten Weg ist. Natürlich ist es keine Bibliothek im klassischen Sinne, sondern ein digitales Archiv für Literatur ebenso wie für Kunst und Kultur. Es ist deshalb auch aus kulturwissenschaftlicher Sicht ein ungeheuer faszinierendes Projekt. Die Angebots­erweiterung ist gerade jetzt auf einem guten Weg. Doch natürlich bleibt das Manko, dass mit der Digitalisierung wegen des Urheberrechtsgesetzes um 1900 Schluss ist. Aber es besteht Hoffnung: Es gibt einen Kabinettsbeschluss vom 10. April, der vorsieht, dass es künftig unter von allen Seiten akzeptierten Bedingungen möglich sein wird, verwaiste und vergriffene Werke zu digitalisieren und zugänglich zu machen. Die Verabschiedung eines solchen Gesetzes noch in dieser Legislaturperiode wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Das gesamte Interview ist im buchreport.magazin Mai/2013 zu lesen (hier zu bestellen).

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