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Worte sind wie scharfe Pfeile

Sprache prägt Denkweisen – und damit auch Verhalten. Zudem kaskadiert alles Positive, aber auch alles Negative, von drinnen nach draußen. Deshalb lohnt es sich, mit Worten achtsam umzugehen, um Erfolge zu ernten. Kommunikationsberaterin Anne M. Schüller zeigt im HR-Channel von buchreport.de, wie die richtigen Worte aufbauen – und wie die falschen Worte zerstören können.

Anne M. Schüller. Bild: Wiley Verlag

Anne M. Schüller (Foto: Wiley Verlag)

Haben Sie auch solche Horrorkunden, die sich unmöglich benehmen und allen das Leben zur Hölle machen? Haben Sie nichts als „Pfeifen“ im Vertrieb und Zickenkrieg im Großraumbüro? Welche „lustigen“ Sprüche über ätzende Kunden und Basta-Bosse hängen bei Ihnen an den Pinnwänden rum?

Manche Kundendienste reden nur noch von Psychos. Bei Behörden heißen wir Antragsteller. Im Krankenhaus operiert man „Leber“ und „Nieren“. Für die Bahn sind wir ein „Beförderungsfall“, für Energieversorger ein „Zählpunkt“ und für Versicherungen ein „Langlebensrisiko“. Bei Airlines heißen wir PAXE.

In Hotels und Restaurants ist man als Gast eine Nummer. An Tisch Nummer 13: ein Schweinebraten und zwei Wiener Schnitzel. „Wer ist das Schwein?“, fragt der Ober, wenn er das Essen bringt. Und dann meldet sich auch noch einer. „Urnenöffnung“ sagen Servicekräfte im Ausflugslokal, wenn ein Bus mit älteren Herrschaften kommt.

Bei einem Baumaschinen-Hersteller nennt man die Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks THW „tausend hilflose Wichtel“. Ein Marktforschungsinstitut teilte nach einer Zufriedenheitsbefragung die Mitglieder eines Vereins in die Kategorien „Sympathisanten, Söldner, Gefangene und Terroristen“ ein. All das tut richtig weh.

Kommunikationskatastrophen gibt es in allen Bereichen

Ich habe in einem Unternehmen gearbeitet, da wurden unliebsame Mitarbeiter „zum Abschuss freigegeben“. Bei einem Caterer nannten die Führungskräfte ihre Aushilfen „Söldner“ – und wunderten sich über deren Mangel an Engagement. Ein Abteilungsleiter erzählte mir, dass sein Chef die versammelten Führungskräfte im Meeting schon mal gern als „augenlose Würmer” bezeichnet.

In einem weiteren Unternehmen nennt man die Säule, an der Fotos von Führungskräften hängen, die Leitbildsprüche von sich geben, Lügenbaum. Es gibt Niederlassungen, die nennen ihre Zentrale Todesstern. In vielen Firmen heißen die Beschäftigten immer noch „Untergebene“. Doch wer will heute noch freiwillig „unten“ und „ergeben“ sein?

Bei der Gelegenheit gehört das Unwort „Vorgesetzter“ auch endlich weg. Und der menschenverachtende Begriff „Humankapital“ obendrein. Zudem unterstütze ich den Vorschlag, die Abteilung Human Resources in Human Relations umzubenennen. Denn Mitarbeiter sind keine Mittel zum Zweck, sondern wertvolle Menschen, mit denen man Beziehungen aufnimmt, entwickelt und pflegt.

Wo Sprachunkraut ist, können keine schönen Worte wachsen

Bei Ihnen geht es auch eher hemdsärmelig zu? Da sind die Sitten rau, die Späße derbe? Dann betreiben Sie dringend Sprachhygiene! Denn wie die Menschen drinnen im Unternehmen miteinander umgehen, genauso werden sie es draußen mit den Kunden tun. Ein kommunikationsfreundliches Klima zu schaffen heißt auch, mit Sprache achtsam umzugehen. Denn Worte sind wie Pfeile: Erst einmal abgeschossen, kann man sie nicht mehr zurückholen. Sie treffen voll ins Schwarze – oder auch grob vorbei.

Ob es den Mitarbeitern überhaupt möglich ist, das Positive in einer Kundenbeziehung zu sehen, hat maßgeblich mit dem Sprachstil zu tun, der im Unternehmen gepflegt wird. Macht das Management immerzu den schwachen Markt, die Nachfrageverschiebungen, die Tücken der Konkurrenz oder die miese Performance anderer Abteilungen für Misserfolge verantwortlich, so werden die Mitarbeiter schnell das Gleiche tun.

Und hört der Mitarbeiter ständig Negativgeschichten über „schwierige“ Kunden, Nörgler und Querulanten, dann wird dies seine eigene Einstellung färben. So entwickelt sich schließlich ein „Feindbild Kunde“. Als ich in einem diesbezüglichen Workshop die Teilnehmer einmal Kunden malen ließ, kamen dabei monsterartige Gebilde heraus. Und das fand man auch noch amüsant.

Sprache entlarvt Denke – und sie prägt das Verhalten

„Worte sind die Kleider unserer Gedanken“, hat ein kluger Mensch mal gesagt. Wer seine Kunden wie auch immer benennt, wird am Ende genau solche Kunden bekommen. Denn die eigene Haltung wird dies bewirken. Durchforsten Sie deshalb systematisch die Sprachqualität in Ihrer gesamten Organisation, vor allem auf den Gängen, in der Raucherecke und in der Kaffeeküche. Und entmüllen Sie alles, wovon einem übel wird.

Personalkonzepte für die Zukunft

Mehr zum Thema Personalmanagement und -führung lesen Sie im HR-Channel von buchreport und Channel-Partner Bommersheim Consulting. Hier mehr…

Dies gilt auch für Funktionsbegriffe. Ein Controller kontrolliert – doch Kontrolle fühlt sich per se nicht besonders angenehm an. Ein Produktmanager kümmert sich nicht um die Kunden, sondern um seine Produkte. Sachbearbeiter kümmern sich um Sachen – und Kunden werden bei ihnen zu Vorgängen und Bestellnummern degradiert.

An einer Rezeption wird man empfangen, an einer Anmeldung hingegen wie ein Bittsteller behandelt. „Sie dürfen diesen Antrag schon mal ausfüllen“, heißt es dann. Oder: „Sie dürfen dann schon mal Platz nehmen.” „Dürfen“ ist in diesem Kontext ein erniedrigendes Wort. Und: Ein Kunde, der darf oder muss, kommt sicher nicht wieder.

Business-Denglisch und Manager-Speak: höchst gefährlich

Nun zur Ausdrucksweise des Führungskreises: Ist deren Kommunikation empfängerorientiert und zielgruppengerecht? Oder ist sie vage, umständlich, nichtssagend, langweilig, akademisch, floskelhaft und fremdwortgespickt? Genau damit öffnet sich eine vergiftende Kluft zwischen „oben“ und „unten“ – und dies verhindert Erfolg. Ist die Sprache hingegen klar und deutlich, konkret und verbindlich, anschaulich und motivierend, bildhaft und für jeden verständlich, dann sorgt dies für Nähe, für Leistungswillen und schließlich für Spitzenresultate.

Unser Hirn mag es anschaulich und einfach. Business-Kauderwelsch und Buzzword-Geblubber zu entschlüsseln kostet zusätzliche Arbeit, Zeit und Geld. „In den vergangenen 40 Jahren hat sich ein ziemlich abwegiger Glaube beharrlich gehalten: Wenn sich jemand verständlich ausdrückt, ist er ungebildet.“ Das sagte der unlängst verstorbene Managementvordenker Peter Drucker mal in einem Interview. Dabei ist es genau umgekehrt. Nicht selten heuchelt Business-Denglisch Expertise nur vor.

Meist setzen Manager auch einfach voraus, dass die Zuhörer unter den verwendeten Begriffen alle das gleiche verstehen. Doch das tun sie nicht. Die Angesprochenen nicken zwar höflich, um sich aber nicht lächerlich zu machen, fragt keiner nach. Jeder reimt sich selbst etwas zusammen. Die Folge: allgemeine Verwirrung, Fehlinterpretationen und Missverständnisse, die zu falschen Schlüssen und schließlich zu gravierenden Fehlentscheidungen führen können.

 

Schlechte Kommunikation bringt hohe Risiken mit sich und kann teuer werden. Wie man es besser machen könnte, steht in „Touch.Point.Sieg. Kommunikation in Zeiten der digitalen Transformation“ von Anne M. Schüller (LinkedIn-Seite, Login erforderlich). Anne M. Schüller ist Managementdenkerin, Keynote-Speaker, Bestseller-Autorin und Business-Coach. Sie zählt zu den gefragtesten Vortragsrednern im deutschsprachigen Raum. Mehr als 20 Jahre lang hatte sie Führungspositionen in Vertrieb und Marketing internationaler Dienstleistungsunternehmen inne.

 

Anne M. Schüller: Touch.Point.Sieg. GABAL Verlag

Anne M. Schüller: Touch.Point.Sieg. GABAL Verlag

Anne M. Schüller: Touch. Point. Sieg. Kommunikation in Zeiten der digitalen Transformation

GABAL Verlag, 384 Seiten, gebunden, 29,90 Euro

ISBN 978-3-86936-694-4

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