Ein schweres Spiel muss die Schweizer Fußball-Nationalmannschaft am kommenden Mittwoch bestreiten: Bei der WM in Südafrika trifft sie auf Europameister Spanien. Ein schweres Spiel steht auch dem Schweizer Buchhändler- und Verlegerverband (SBVV) bevor, wenn an diesem Tag im Nationalrat darüber abgestimmt wird, ob das geplante Preisbindungsgesetz („Loi Maitre“) eine Ausnahme für Internet- und Versandhandel enthalten soll.
„Es wird sehr schwierig, das noch herauszubekommen“, meint SBVV-Geschäftsführer Dani Landolf auf Anfrage von buchreport. Bis zur Abstimmung durchpflügen die Lobbyisten der Buchbranche zwar weiter unermüdlich die Wandelhalle des Bundeshauses in Bern. Doch es gebe bei den Politikern „gewisse Ermüdungserscheinungen“, bemerkt der Geschäftsführer.
Ohne Online-Ausnahme oder gar nicht
Für den SBVV ist aber von entscheidender Bedeutung, ob nach dem Gesetzesentwurf Internet- und Versandhandel von der Preisbindung befreit werden sollen: Bleibt es bei dieser vom Ständerat vorgeschlagenen Ausnahme, lehnt die Buchbranche das Gesetz als Ganzes ab.
Die Ausnahme werde den stationären Buchhandel zum „Showroom“ machen, in dem Kunden aussuchen, was sie billiger im Internet kaufen, bekräftigt Landolf die Ablehnung. Dass viele Politiker dieser Logik aber nicht folgen, zeigte zuletzt die Abstimmung der vorbereitenden Nationalrats-Kommission im März, bei der der Wunsch des SBVV abgelehnt wurde. Vor der Abstimmung im Plenum hat der Verband jetzt auch seine Mitglieder aufgerufen, bei den Nationalräten für die Formel „Ja zu einer Buchpreisbindung, aber nur ohne die Ausnahmeregelung für den Online-Handel“ zu werben.
Dass die Linie des SBVV für Branchenfremde mitunter schwer zu verstehen ist, würde vor allem dann zum Problem, wenn der Nationalrat die Online-Ausnahme nicht kippt. Dann könnte es bereits zwei Tage später zu einer Schlussabstimmung kommen, bei der der Verband dann zur Ablehnung des Gesetzes aufrufen würde.
Herzschlagfinale oder Hängepartie
Das Problem könnte sich sogar noch verschärfen: Wenn der Nationalrat wegen des Fußball-Länderspiels am Mittwoch eine Beratungspause einlegt, könnte die Abstimmung über die Online-Ausnahme auf den Donnerstag rutschen, so dass dem SBVV im schlimmsten Fall gerade mal ein Tag Zeit bliebe, „alle Hebel in Bewegung zu setzen“, wie Landolf formuliert – diesmal gegen das Preisbindungsgesetz.
Voraussetzung dafür, dass es zu der Schlussabstimmung kommt, wäre allerdings, dass die im Nationalrat beschlossene Fassung nicht mehr substanziell von der des Ständerates abweicht. Die nötige Übereinstimmung könnte durch einen Streitpunkt verhindert werden, der in der öffentlichen Diskussion bisher kaum eine Rolle gespielt hat: Während der Ständerat in der Präambel des Gesetzes auf den Kulturauftrag der Bundesverfassung Bezug nehmen will, lehnt der Nationalrat das bisher ab. Grund: Unter eidgenössischen Verfassungsrechtlern ist umstritten, ob der Bund überhaupt die Kompetenz zu solcher Kulturförderung durch ein Ordnungsgesetz hat.
Aus Sicht der Buchbranche spiele dieser Streit keine große Rolle, erklärt Landolf. In der Praxis könnte er dem Verband aber immerhin eine Atempause verschaffen: Wenn die beiden Parlamentskammern sich in diesem Punkt nicht einigen, dürfte das Gesetz vor einer Schlussabstimmung noch einmal in ein Abstimmungsverfahren geschickt werden
.aus buchreport.express 23/2010
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