Es zeugt von einer souveränen Haltung, wenn die Veranstalter einer Konferenz zum digitalen Buchgeschäft ausgerechnet einem Technologie-Kritiker die Keynote überlassen. So geschehen bei der IDPF-Konferenz „Digital Book 2014“, wo Nicholas Carr („Wer bin ich, wenn ich online bin…: und was macht mein Gehirn solange? – Wie das Internet unser Denken verändert“, hierzulande bei Blessing erschienen) erklärte, dass die Digitalisierung eigentlich gar nicht so viel bewirkt habe in der Branche. Aber dennoch gefährlich sei.
Der Buchmarkt sehe heute nicht viel anders aus als vor dem Start von Amazons Kindle. E-Books hätten gedruckte Bücher (zumindest Hardcover) nicht verdrängt, sondern seien vielmehr komplementär zu anderen Bücherformaten zu sehen, vergleichbar mit dem Hörbuch. Er selbst verkaufe 10 bis 15% seiner Bücher digital, die Quote habe sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Auch habe das E-Book keine altersspezifischen Veränderungen gebracht. Das Durchschnittsalter von Print-Lesern liege bei 41 Jahren, das der E-Book-Leser bei 42; 75% der Studenten favorisierten weiterhin gedruckte Bücher.
Doch neben dem „war doch alles nicht so schlimm wie gedacht“-Argument zeichnete Carr dann doch den Technologie-Teufel an die Wand: Das digitale Lesen sei ein Teil der „Kultur der Ablenkung“. Es gebe einen Konflikt zwischen der Kultur des Buches und der des Computers. Bücher versetzten den Leser normalerweise in einen tranceartigen Zustand, mit dem man sich abkoppele von der hektischen Welt. Smartphones dagegen tauchten den Nutzer viel tiefer in den „Whirlpool des Lebens“. Carrs Fazit: „Die Träume des Jeff Bezoses und Mark Zuckerbergs der Welt sind nicht die der Leser.“
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