Auch in der Schweiz steigen die Corona-Zahlen, das Kanton Zürich ist von der deutschen Bundesregierung auf die Risikoliste gesetzt. Der Zürcher Buchhändler- und Verlegerverein (ZBVV) hält gleichwohl an seinem geplanten Festival „Zürich liest“, fest, das vom 21. bis 25. Oktober über die Bühne gehen, meldet buchreport-Korrespondent Urs Heinz Aerni aus Zürich.
Gelesen und inszeniert werden soll Literatur in Buchhandlungen, in Verlagen, auf Theaterbühnen und Schifffahrten, bei Rundgängen und in der Straßenbahn. Mehr als 300 Autorinnen und Autoren stehen auf dem Programm, doch die Veranstalter teilen erste Absagen vor allem von Autoren aus dem Ausland mit. Nicht anreisen werden zum Beispiel A. L. Kennedy und Ebi Naumann. Jedoch wird versucht, nicht nur abzusagen, sondern zu ersetzen. So ist Rolf Lappert zusätzlich angekündigt, um aus seinem neuen Roman „Leben ist ein unregelmäßiges Verb“ (Hanser) in Winterthur zu lesen.
„Zürich liest“ ist angelegt als Ersatzbühne für die bisher in der Corona-Saison abgesagte Literaturfestivals. Seit 1. Oktober dürfen Großveranstaltungen grundsätzlich wieder durchgeführt werden, und die Leitung von „Zürich liest“ hat abgesagte Festivals eingeladen, eine Veranstaltung aus ihrem Programm jetzt in Zürich zu zeigen. Der Einladung gefolgt sind: Solothurner Literaturtage, Aprillen, Internationales Literaturfestival Leukerbad, Wortlaut und Erzählzeit ohne Grenzen. Die Literaturtage in Zofingen sollen wie geplant am selben Wochenende im Nachbarkanton Aargau stattfinden, statt der üblichen und jetzt ausfallenden Präsentation des Frankfurter Buchmesse-Gastlands wird dort das Schweizer Literaturschaffen mit in der Schweiz lebenden Autorinnen und Autoren und Schweizer Verlagen präsentiert.
Im Programm wird die Coronakrise reflektiert:
- In einer Podiumsdiskussion sollem Julia von Lucadou, Lukas Bärfuss und Thomas Strässle unter der Leitung der Kritikerin Traudl Bünger der Frage nachgehen: Was soll, kann, darf oder muss die Literatur in Krisenzeiten leisten? Womöglich kommen auch die zahlreichen literarischen Corona-Tagebücher zur Sprache.
- Unter „Zweiter Frühling“ sollen Autorinnen und Autoren die Chance erhalten, ihre Neuerscheinungen, die im Frühling unter die Corona-Räder geraten sind, vorzustellen.
- Im städtischen Gemeinschaftszentrum Riesbach, im Kulturhaus Kosmos und im Festivalzentrum Karl der Große sowie weiteren Orten sind Lesungen, Partys und Workshops für Kinder und Jugendliche geplant.
Der veranstaltende Zürcher Buchhändler- und Verlegerverein ZBVV ist eine unabhängige Vereinigung von Buchhandlungen, Verlagen und anderen buchnahen Institutionen und Einzelpersonen im Kanton Zürich. Ob und in welchem Umfang das ambitionierte Programm tatsächlich realisiert werden kann, dürfte von der weiteren Entwicklung der Pandemie abhängen. Der Bundesrat, die Schweizer Regierung, hatte am Sonntag (18.10,) in einer Krisensitzung neue Maßnahmen beschlossen, über größere Veranstaltungen entscheiden die regionalen Behörden.
Update: Die Veranstalter von „Zürich liest“ haben das Programm nach der Sitzung des Bundesrates angepasst, einige Lesungen entfallen, wie auf der Website des Festivals nachzulesen ist.
Die Buchhandlung Scriptum in Dietikon-Zürich wagt es mit Wohnzimmerlesungen:
https://www.limmattalerzeitung.ch/limmattal/trotz-corona-laedt-die-buchhandlung-scriptum-zu-zwei-wohnzimmerlesungen-139556943
Das ist eine tolle, innovative Idee. Das Programm klingt extrem spannend. Eine Lesung in der Straßenbahn? Richtig gut! Ich hoffe sehr, dass die Veranstaltung durchgeführt werden kann – den Umständen angepasst müsste das ja eigentlich möglich sein. Vielen Dank auf jeden Fall für diesen Bericht über die Schweizer Buch-Szene; echt super!