Bevor sich die Mitglieder des Verbands Deutscher Bahnhofsbuchhändler (VDBB) in der nächsten Woche im Berliner Hilton zur Jahreshauptversammlung treffen, schildert der Vorstandsvorsitzende Götz Grauert im Verbandsorgan „Der Neue Vertrieb“ (dnv) die unerfreuliche Lage der Branche. Ein starker Umsatzrückgang von 5% im vergangenen Jahr setzt den Abwärtstrend der vergangenen Jahre fort. Rund 345 Mio Euro erwirtschafteten die VDBB-Mitglieder in 355 Verkaufsstellen in deutschen Bahnhöfen, 2006 waren es noch 360 Mio Euro. Infolge der Konzentration schrumpfte auch die Mitgliederzahl von 62 auf nur noch 45 Firmen.
Viele Einflussfaktoren drücken aufs Geschäft
Entgegen diesem allgemeinen Abwärtstrend meldeten die drei Marktführer für 2007 leichte (HDS Retail: +0,6% auf 17,2 Mio Euro) bis satte Zuwächse (Schmitt & Co.: +8,1% auf 23,9 Mio Euro). Der Branchenprimus Valora Retail (+3,4% auf 27,4 Mio Euro) strebt für 2008 eine weitere Expansion an.
Die Konzentration im Bahnhofsbuchhandel stand bereits auf der Herbstversammlung in Frankfurt auf der Tagesordnung. Die Stellungnahme hierzu ist zurückhaltend: „Diese Entwicklung der Branche kann vom Verband nicht beeinflusst werden. Die Konzentration und die damit verbundene Verringerung der Mitgliederzahl führt nicht zu einer Verringerung oder Veränderung der Aufgaben des Verbandes.“ Alle großen Bahnhofsbuchhändler (mit Ausnahme von HDS Retail) sind im Beirat des Verbandes vertreten.
Einen Zusammenhang zwischen der Konzentration und der Umsatzentwicklung sieht Michael Wittwer, stellvertretender Vorsitzender des VDBB, jedoch nicht: „Grund ist die derzeit schwierige Einzelhandelskonjunktur.“ Die angespannte Situation zeige sich bundesweit, in ländlicheren Regionen ausgeprägter als in den Großstädten. Für den Mitgliederschwund sei vor allem das Altersgefüge verantwortlich, da viele Inhaber keinen Nachfolger fänden. Zudem macht auch die Bahn mit steigenden Mieten Druck. Nach Einschätzung von Grauert sorgt das steigende Angebot austauschbarer Billig-Zeitschriftentitel für eine Entwertung: „Die Preiskämpfe nicht nur im Bereich der Programmzeitschriften führen zu stagnierenden bzw. sinkenden Umsätzen bei gesteigerten Handlingskosten.“
Vor diesem Hintergrund erscheint das Buch als eine gewinnträchtigere Alternative. Nach eigenen Angaben hat Wittwer in seinen 26 Verkaufsstellen einen durchschnittlichen Buchanteil von 30%: „Das Buch ist etwas stabiler in der Nachfrage und wertiger gegenüber den Presseerzeugnissen.“ Vor die Wahl gestellt, greifen viele Kunden eher zum Buch als zur Zeitschrift – ein Trend, der durch die kostenlose Abgabe von Tagespresse in der ersten Klasse der ICE-Züge noch begünstigt werden dürfte.
Talfahrt im Presseverkauf
Nicht nur der Bahnhofsbuchhandel klagt über einen rückläufigen Zeitungs- und Zeitschriftenverkauf, der Bundesverband Presse-Grosso registriert ebenso eine sinkende Nachfrage an den übrigen Presseverkaufsstellen. Damit setzte sich laut dem soeben herausgegebenen Geschäftsbericht des Verbands die negative Absatzentwicklung der Vorjahre fort:
- Trotz Ausweitung des Verkaufsstellennetzes ging der Absatz an Zeitungen und Zeitschriften im Presseeinzelhandel 2007 um rund 4% zurück.
- Über die letzten 10 Jahre haben die Pressegrossisten und die von ihnen bedienten Verkaufsstellen damit mehr als ein Viertel ihrer Verkaufsauflage eingebüßt.
- Der Umsatzrückgang betrug in diesem Zeitraum 14%; das Umsatzvolumen liegt jetzt bei ca. 2,7 Mrd Euro.
Als Ursache für die schwierige wirtschaftliche Entwicklung sehen die Pressegrossisten neben der allgemeinen Konsumzurückhaltung insbesondere das veränderte Mediennutzungs- und Freizeitverhalten.
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