Eine Wiederentdeckung des romantischen Märchens feiert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“: Mit Gisela von Arnims „Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns“, 1845 geschrieben, 1926 erstmals an versteckter Stelle – als Ergänzungsband zu den „Sämtlichen Werken“ Bettina von Arnims – veröffentlicht, bekomme der Roman jetzt, als hübsches und handliches Manesse-Bändchen, eine wirkliche Chance.
Alle Motive der Romantik seien hier versammelt: flüsternde Springbrunnen, sehnsüchtige Turmbläser, des Teufels Großmutter, ihre Kaffeehaube und eine blaue Blume mit einer Tauperle im Kelch. Die Erzählerhand streue massenhaft zauberischen Krimskrams aus, lauter bunte Klötzchen, die dann nicht mehr gebraucht werden, und nur weil irgendwann ja doch Schluss sein muss, heirateten Prinz Bonus und Gritta Hochgräfin von Rattenzuhausbeiuns nach beinahe dreihundert spaßigen Seiten.
„Clemens Brentano hat derlei bereits viel besser gemacht, aber das darf man seiner Nichte Gisela von Arnim nicht übelnehmen. Sie hat diesen Märchenroman mit sechzehn oder siebzehn verfasst, offenbar tief beeindruckt von ihrem Onkel Clemens, ihrer Mutter Bettina, ihrem Vater Achim und den vielen literarhistorisch bedeutenden Geistesverwandten von Novalis bis zu den Brüdern Grimm.“ Sie schreibe erfrischend und entzückend in ihrem jungmädchenhaften Tief- und Eigensinn, frech, antiautoritär, anarchisch und entschieden areligiös lasse sie ihren Launen freien Lauf.
Und das Nachwort von Rolf Vollmann bringe schließlich die philologischen und literarhistorischen Informationen mit so viel Eleganz, Lachlust und Würze vor, dass man sich rasch zu Hause fühle bei Gisela und ihrer berühmten Familie.
Bettina und Gisela von Arnim: Das Leben der Hochgräfin Gritta von Rattenzuhausbeiuns. Manesse 2008, 17,90 Euro
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 32)
NACHGELESEN – Bücher heute in den Zeitungen
Belletristik
Peter Licht: „Die Geschichte meiner Einschätzung am Anfang des dritten Jahrtausends“. Blumenbar Verlag 2008, 14,90 Euro
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 32)
Helene Luise Köppel: Die Affäre Calas. Thriller. Aufbau 2008, 10,95 Euro.
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 14)
Rishi Reddi: Karma und andere Stories. Aus dem Amerikanischen von Miriam Mandelkow. Ullstein 2008, 18,00 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ (Seite 40)
David Foster Wallace: Vergessenheit. Storys. A. d. Engl. von U. Blumenbach und M. Ingendaay. Kiepenheuer & Witsch 2008, 18,95 Euro
„Die Zeit“ (Seite 49)
Truman Capote: Erhörte Gebete. Neu übers. v. H. Zerning. Kein & Aber 2007, 18,90 Euro
„Die Zeit“ (Seite 49)
Ignacio Padilla: Schatten ohne Namen. A. d. Spanischen v. Frank Wegner, Tropen Verlag, 18,80 Euro
„Die Zeit“ (Seite 50)
Eileen Chang: gefahr und Begierde. Erzählungen. A. d. Chinesischen von S. Hornfeck, W. Jue und W. Baus. Claassen, 18,00 Euro
„Die Zeit“ (Seite 50)
Erik Fosnes Hansen: Das Löwenmädchen. A. d. Norwegischen von H. Schmidt-Henkel. Kiepenheuer & Witsch 2008, 16,90 Euro
„Die Zeit“ (Seite 50)
Sachbuch
Anne Hamilton, Peter Sillem (Hrsg.): „Die fünf Sinne“. Von unserer Wahrnehmung der Welt. S. Fischer 2008, 9,95 Euro
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 32)
Martin Mosebach: Stadt der wilden Hunde. Nachrichten aus dem alltäglichen Indien. Hanser 2008, 16,90 Euro.
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 14)
Markus Schürpf: Arthur Zeller 1881-1931. Vieh- und Wanderfotograf im Simmental. Fotografien 1900-1930. Limmat 2008, 29,50 Euro.
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 14)
Udo Kessler, Peter Lutzmann, Peter Krisp: Die Masche mit den Sternchen. Produktcheck-Verlag 2008, 29,80 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 14)
Gisela Prossnitz, Robert Kriechbaumer: Salzburger Festspiele 1945-1960. Jung und Jung 2007, 48,00 Euro
„Neue Zürcher Zeitung“ (Seite 40)
Jochen Köhler: Helmuth James von Moltke. Geschichte einer Kindheit und Jugend. Rowohlt 2008, 22,90 Euro
„Die Zeit“ (Seite 47)
Phillipp von Boeselager: Wir wollten Hitler töten. Ein letzter Augenzeuge erinnert sich. Hanser 2008, 17,90 Euro
„Die Zeit“ (Seite 48)
Shiomo Venezia: Meine Arbeit im Sonderkommando Auschwitz. Blessing 2008, 19,95 Euro
„Die Zeit“ (Seite 48)
Oskar Bätschmann: Giovanni Bellini. Meister der venezianischen Malerei. Beck 2008, 58,00 Euro
„Die Zeit“ (Seite 51)
VORAUSGEHÖRT – Bücher im Radio
Eine Hommage an die zeitgenössische Black Novel sendet EinsLive heute ab 23:00 Uhr: Die WDR-Hörspieladaption „Schwere Körperverletzung“ des britischen Autors Ted Lewis. Das Buch erzählt von der Paranoia Fowlers, der in seiner Organisation Spitzeln auf die Spur kommt. Er greift hart durch, foltert und ermordet mehrere Verdächtige, aber es tun sich immer neue Schwachstellen auf. Nach und nach entgleitet ihm die Kontrolle über sein Imperium. Wem kann er noch trauen? Nach einer brutalen Eskalation taucht er in einem englischen Küstenort unter. Zum ersten Mal einer Situation ohnmächtig ausgeliefert, trinkt er sich immer tiefer in die Paranoia. Wird er nur von seinen Erinnerungen verfolgt, oder ist ihm tatsächlich noch jemand auf den Fersen?
Edward „Ted“ Lewis gilt als Begründer der zeitgenössischen Black Novel. Er wurde 1940 in Manchester geboren und starb 1982. Er war zunächst in der Werbung tätig und arbeitete mit an der Animation von „The Yellow Submarine“ der Beatles. Sein erfolgreichster Roman „Jack rechnet ab“ wurde 1971 mit Michael Caine verfilmt.
Redaktion: Isabel Platthaus und Natalie Szallies
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