Die Drohung des Agenten Andrew Wylie, in Kooperation mit seinen 700 Autoren direkt mit Apple, Amazon, Google & Co. über E-Books zu verhandeln, hat unter deutschen Agenten für ein geteiltes Echo gesorgt.
„Es ist fragwürdig, wenn eine Agentur ins Geschäft mit den Kunden einsteigt“, erklärt der Zürcher Agent Peter S. Fritz, direkte Abschlüsse würden zu neuen Querelen im Dialog mit den Verlagen führen.
Joachim Jessen, früherer Verleger des Kabel Verlags und seit 1998 Rechtehändler in der Agentur von Thomas Schlück, schließt den Soloweg nicht aus. „Vor ein paar 100 Jahren gab es keine Verleger, sondern nur Drucker, später haben sich die Agenten quasi von den Verlegern abgespalten. Und jetzt wird neu gewürfelt, wer im Spiel bleibt.“ Agenten hätten immerhin die verlegerische Kompetenz, eine Auswahl bei Büchern zu treffen.“
„Kaum ein Verlag hat sich genügend mit E-Books beschäftigt“
Einig sind sich die Agenten jedoch auch hierzulande, dass die aktuell üblichen E-Tantiemen für Roman-Autoren – 20% vom Nettoerlös – viel zu niedrig ausfallen. „Wir sind nicht glücklich mit dem, was die Verlage bieten. Einige unserer angelsächsischen Klienten verlangen 25% und rücken die Rechte darunter nicht heraus“, klagt Fritz, bedauerlicherweise habe sich kaum ein deutscher Verlag, außer Random House und Holtzbrinck, genügend intensiv mit dem E-Book-Markt beschäftigt. Kein Verlag habe bisher aufschlüsseln wollen, warum er nur 20% zahlen könne.
Unisono Ursula Bender, Chefin der Münchner Agence Hoffman: „Ich sitze zwischen den Stühlen. Die Autoren möchten mehr Geld verdienen. Für die Verlage ist es andererseits nicht gut, wenn sie die Volume-Rechte aufteilen müssen.“
Auch die Berliner Agentin Barbara Wenner, die Autoren wie Wibke Bruhns oder Hajo Schumacher vertritt, sieht sich in der Bredouille: „Wir arbeiten an einer dynamischen Front und möchten die Initiativen der Verlage nicht ausbremsen. Andererseits wollen wir bei den Honorarverhandlungen auch nicht klein beigeben.“
Neue Honorarmodelle bei Backlist-Titeln
Trotz der in den vergangenen Monaten oft festgefahrenen Verhandlungen hält es Fritz für möglich, dass sich Agenten und Verlage bis zur Frankfurter Buchmesse annähern und verweist auf ein neues Vergütungsmodell, das im angelsächsischen Bereich getestet werde:
- Bei der Verwertung von Backlisttiteln, deren Digitalisierung vergleichsweise teuer ist, beteiligen sich die Autoren an den Kosten.
- Die ersten 500 Dollar der Verkaufserlöse bleiben beim Verlag; danach erhält der Autor bis zu 50%.
Auf der Suche nach funktionierenden Geschäftsmodellen (Sharing) gibt es bereits ein Modell, dass man von den Nebenrechten kennt, welches für ebooks übertragbar wäre: 50% für Verlag, die das hälftig mit den Autoren teilen. Dann hätten die Autoren ihre 25%. Und die anderen 50% benötigt der Buchhandel gemeinsam mit den Technologieanbietern. Dann kann auch über alle bekannten Kanäle distribuiert werden. Warum tut man sich damit so schwer?
Karsten Sturm
Blackbetty Mobilmedia GmbH