Wolters Kluwer baut das Angebot nach der LexisNexis-Übernahme aus. Am morgigen Donnerstag, 24. November, startet „Jurion“, ein Portal, das nicht nur den Zugriff auf eine Datenbank ermöglicht, sondern den Nutzern erlaubt, selbst Inhalte beizusteuern. Das Angebot überführt juristische Informationen ins Social Web. Im Interview skizziert Ulrich Hermann (Foto), Chef von Wolters Kluwer Deutschland, das neue Projekt und beschreibt den Wettbewerb der Rechtsdatenbanken.
Wie social-media-affin sind Juristen?
Social Media ist sicher eines der wichtigsten Stichworte für die Zukunft des Internets. Die Bedeutung des Internets geht immer weiter über die Nutzung reiner Informationsdienste hinaus. Selbstverständlich sind auch Juristen Menschen mit sozialen Interessen und von daher auch in Socal Media aktiv. Das zeigen auch Studien. Das hat aber nichts mit dem beruflichen Umfeld des Juristen zu tun. Wir greifen dieses zentrale Thema aber auf und geben ihm für die professionelle Anwendung des Juristen eine neue zukunftsweisende Definition. Die Jurion Applikation jLink dient dem Austausch von Fachinhalten und Erfahrungen. Jurion-Nutzer erstellen Inhalte, empfehlen Fachbeiträge, kommentieren oder treten mit anderen in Kontakt.
Wie ändert sich das Selbstbild Ihres Verlags?
Ging es früher darum, proprietäre Inhalte zu schaffen und zu distribuieren, so geht es heute darum, effiziente Prozesse bereit zu stellen. Die innovative technologische Leistung von Jurion ist, sämtliche Inhalte optimal in den Workflow seiner Nutzer zu integrieren. Die Relevanz der Suche orientiert sich am Kontext der Fragestellung. Je mehr Know how das Jurion-Wissensnetzwerk bündelt, um so besser wird es. Darum steht Jurion auch anderen Fachverlagen als zusätzliche Verkaufsplattform offen. Strukturiert und am Workflow des Nutzers orientiert zusammengeführt, öffnen wir mit diesem hochmodernen Netzwerk ein neues Kapitel des Wissensmanagements. Hinter diesem Prinzip steckt ein neues Geschäftsmodell für Fachverlage.
Umfasst Jurion nur Wolters-Kluwer-Inhalte?
Nein, Jurion soll ein Angebot auch an alle Verlage im RWS-Markt sein, ein datenbankübergreifendes juristisches Wissensnetzwerk entstehen zu lassen, an dem alle, selbstverständlich auch unsere Verlage im Hause, partizipieren. Wir sprechen deshalb auch mit etablierten Datenbanken, etwa Juris, da aus Kundensicht eine Koordination des Zugriffs auf juristische Inhalte im Internet sinnvoller erscheint, als die Einschränkung der Nutzung auf die verlagseigenen Inhalte, etwa durch den Aufbau von technischen Hürden oder Zugangsbeschränkungen.
Spätestens in den nächsten fünf Jahren sollten alle unsere Inhalte, nicht nur in allen Buchhandlungen im Print, sondern auch in allen Datenbanken online verfügbar sein. Mit Jurion wollen auch wir ein umfassendes Online-Angebot mit unserem speziellen Unique Selling Point etablieren und neben den erfolgreichen Online-Anwendungen im Markt, etwa der des Hauses Beck, eine echte Alternative darstellen.
Wie wird sich der Wettbewerb der juristischen Online-Angebote entwickeln?
Ich bin überzeugt, dass sich der Wettbewerb um die Online-Datenbanken von den Inhalten lösen wird, ähnlich wie sich die Inhalte vor 50 Jahren von der Fähigkeit der Verlage lösten, diese im eigenen Betrieb zu drucken. Entwicklungen, wie man sie etwa bei der Juris-Allianz beobachtet, zeigen auf, dass sich die Verlage bei der Online-Inhaltevermarktung zunehmend verständigen. Im Bereich der Online-Anwendungen wird sich derjenige durchsetzen, der den Arbeitsprozess des Juristen besser unterstützt, sei es mittels der Suchtechnologie oder mittels eines intelligenten Software-Workflows. Derjenige, der seine Inhalte an eine proprietäre Technologie bindet, wird das Nachsehen haben. Der Wettbewerb im Bereich Software und Suche ist ein Internationaler und lässt sich kaum an die redaktionellen Aktivitäten eines einzelnen Verlagshauses binden.
Interview: Daniel Lenz
Das komplette Interview ist im buchreport-Spezial RWS zu lesen (hier zu bestellen).
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